Drittes Gericht zweifelt an Cannabisverbot: Verfahren ausgesetzt

Hanfparaden-Besucher in Berlin

Wir schreiben das Jahr 2021. Autos fahren von alleine, menschengemachte Maschinen überfliegen den Mars und Cannabis ist in Deutschland immer noch illegal. Nicht nur möchte das ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr, auch viele Politiker sehen mittlerweile endlich klar und fordern ein Ende der Prohibition. Doch auch die Judikative hält das peinliche und Leid verursachende Cannabisverbot immer häufiger für nicht mehr für zeitgemäß.

Wie wir bereits mehrfach berichteten, hatte der Deutsche Hanfverband (DHV) 2019 die „Justizkampagne“ ins Leben gerufen – mit dem erklärten Ziel, das Cannabisverbot vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Seit dem letzten grundsätzlichen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Cannabis im Jahr 1994 ist mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen. Der DHV ruft deutsche Richter daher dazu auf, einen konkreten Normenkontrollantrag nach Art 100 Abs.1 GG zu stellen, damit das Bundesverfassungsgericht das Cannabisverbot auf seine Richtigkeit überprüft.

Der bekannte Legalisierungsbefürworter Jugendrichter Andreas Müller war – noch 2019 – der erste Richter, der den Antrag unterstützte und einen Normenkontrollantrag an die Richter in Karlsruhe geschickt hat, in dem auf 140 Seiten dargelegt wurde, warum das Cannabisverbot in Deutschland als verfassungswidrig und willkürlich eingestuft werden müsse. Theoretisch eine Möglichkeit, sollte das Bundesverfassungsgericht so entscheiden, die Cannabis-Prohibition für ungültig zu erklären. Bis auf einen abgewehrten Befangenheitsantrag gegen Richter Müller ist aber noch wenig passiert.

Cannabisverbot auf der Kippe?

Daher umso erfreulicher, dass wir vergangenen Monat berichten durften, dass – bald zwei Jahre nach dem Antrag von Richter Müller – ein zweiter Richter den Schritt unternahm und einen entsprechenden Normenkontrollantrag ans Bundesverfassungsgericht schickte. Denn im Rahmen der Urteilsfindung in einem Cannabisbesitz-Delikt um schlappe 0,4 Gramm beschlichen das Amtsgericht Münster „Bedenken gegen den Erlass des beantragten Strafbefehls“.

Und heute meldete der DHV, dass sich ein drittes Gericht angeschlossen hat: nach den Amtsgerichten Bernau und Münster gibt es auch am Amtsgericht Pasewalk erhebliche Zweifel an der geltenden Rechtsprechung im Bereich Cannabis. Deshalb hat nun auch dieses Gericht ein Verfahren ausgesetzt und sich an das Bundesverfassungsgericht gewandt.

„Das Amtsgericht Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 29. Juni 2021 ein dort anhängiges Strafverfahren ausgesetzt und die Akten dem BVerfG nach 100 Abs. 1 GG zur Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob verschiedene Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes – soweit sie den Besitz von Cannabis-Produkten betreffen – mit dem Grundgesetz vereinbar sind”, so der Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts.

Das Verfahren sei nun in Bearbeitung. Ein Entscheidungstermin ist aber, wie auch bei den anderen beiden Vorlagen aus Bernau und Münster, derzeit nicht absehbar.

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