Lidl-Farce: beschlagnahmte Hanf-Produkte laut Staatsanwaltschaft unbedenklich

Zurückgerufene Euphoria-Ware im Lager einer nordrhein-westfälischen Lidl-Filiale

Wer erinnert sich noch an die Lidl-Razzien im Sommer 2021? Der Discounter hatte Hanf-Snacks der tschechischen Marke Euphoria im Rahme einer Aktion in sein Sortiment aufgenommen. Selbstverständlich komplett unberauschend, sowohl THC-arm als auch CBD-frei, sollten die Produkte mithilfe greller Aufmachung und auffälliger Produktbezeichnungen den Weg in die Einkaufswägen der Kunden finden. So zumindest der Plan.

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten allerdings, wie sich kurz darauf angesichts einer Razzia in einer Lidl-Filiale zeigte, ganz andere Pläne – denen sich der Discounter dann auch ganz schnell unterordnete. Die Polizei beschlagnahmte im bayrischen Rosenheim (übrigens der Wahlkreis der damals amtierenden Bundesdrogenbauftragten Ludwig) Euphoria-Waren aus den Lidl-Regalen – wobei der Produzent stets die Unbedenklichkeit seiner Produkte, die voll und ganz im Einklang mit europäischer Gesetzgebung lägen, versicherte. 

Anstatt seinem Geschäftspartner zuzuhören, knickte Discounter angesichts der heiklen Presse schnell ein und verbannte in vorauseilendem Gehorsam sämtliche Hanf-Produkte aus all seinen deutschen Filialen (insgesamt etwa 1,5 Millionen Artikel). Eine Sprecherin des Unternehmens verstieg sich sogar zu dem Statement, dass Lidl in eigens durchgeführten Tests einen erhöhten THC-Wert festgestellt hatte. 

Nur wenig später wurde diese Aussage seltsamerweise wieder zurückgezogen. Etwa ein Jahr später hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt, da in keinem der konfiszierten Produkte ein erhöhter THC-Wert vorlag. Tatsächlich befand sich alles, wie von Euphoria beteuert, im Rahmen geltender EU-Gesetze. Viele der Waren enthielten sogar überhaupt kein nachweisbares THC – viel Lärm und ausgegebenes Steuergeld um nichts also.

Bezüglich dem Teil der beschlagnahmten Ware, der immerhin einen THC-Wert der erlaubten Höchstmenge (0,2 %) enthielt, argumentierte die Staatsanwaltschaft Heilbronn im Sinne des Discounters, dass Rauschzustände damit in der Praxis kaum zu erreichen seien. Damit folgt sie der gängigen Argumentation der Cannabis-Branche (und der Wissenschaft).

Aber wieso kommen eigentlich andere Staatsanwaltschaften in ähnlich gelagerten Fragen zu gegenteiligen Beurteilungen der Sachlage? Es wird doch wohl nicht etwa etwas mit der Ausnahmestellung des Unternehmens Lidl zusammenhängen? Aus Sicht der Cannabis-Branche kann man nur hoffen, dass sich Euphoria und sein Vertriebsdienstleister The Green Dealers dieses unwürdige Schauspiel von Lidl teuer bezahlen lassen.

Ganz unbeschadet kommt Euphoria/The Green Dealers allerdings nicht aus der Sache raus: aufgrund einer Darstellung auf der Verpackung eines der beschlagnahmten Artikel kommt eine Geldstrafe auf das Unternehmen zu. Warum? Das beanstandete Design zeigt die Locations von Coffeeshops auf einer Karte Amsterdams an und motiviere damit Personen zum unbefugten Erwerb von Betäubungsmitteln.

Kann Deutschlands Cannabispolitik noch alberner werden?

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