Pro & Contra: bekifft Auto fahren?

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Auch in der sonst so friedlichen Highway-Redaktion kommen manchmal strittige Fragen auf. Genau dafür wurde unsere neue Rubrik Pro & Contra kreiert – ein hemmungslos subjektiver Meinungsaustausch, der dem ein oder anderen Leser vielleicht auch als Orientierungshilfe dienen kann. Heute geht es um die Frage, ob es okay sein kann, trotz Cannabiskonsums hinterm Steuer zu sitzen. Auch angesichts der beschlossenen Legalisierung sicher ein brisantes Thema.

Pro

Ich weiß, die hier vorgestellte Meinung ist selbst unter Cannabisfreunden umstritten, aber wenn ich ehrlich sein soll, nicht unter denen meines Freundes- und Bekanntenkreises: kiffen und Auto fahren ist kein Ding. Zumindest nicht für unsereins, die Rund-um-die-Uhr-Kiffer. Unsereins macht alles dicht. Zeitung lesen, Essen kochen, ins Kino gehen, zur Verabredung gehen, zum Zahnarzt gehen, zur Beerdigung gehen. Warum in aller Welt sollten wir also nicht dicht Auto fahren?

Die meisten Leute, die rund um die Uhr kiffen, denen merkt man es nicht an. Und zwar, weil sich die Dichtheit schwer in Grenzen hält. Für viele Dauerkonsumenten ist der Griff zum Joint nichts anderes als für die Millionen Nikotinabhängigen der Griff zur Zigarette: einfach nur ein bisschen die Nerven beruhigen. Das gilt natürlich umso mehr für die, die auch ihre Joints mit Tabak rauchen. Wer täglich mehrfach Cannabis konsumiert, ist in der Regel darauf eingestellt und voll funktionsfähig.

Ja, vor einer langen Autofahrt rauche ich gerne mal einen Joint: einfach damit ich entspannter bin, weniger aggressiv fahre und somit auch das Unfallrisiko senke. Und klar: wenn ich mal einen Dab rauche oder ein Stück Haschkuchen esse, was sich beides unendlich stärker auswirkt als ein Joint, dann fahre ich natürlich kein Auto. Denn dann fühle ich mich ja auch total berauscht und absolut nicht fahrtüchtig. Ich fahre natürlich nur, wenn ich mich auch dazu in der Lage fühle. Das ist ja auch das schöne an dieser Droge: jeder kann absolut zu jedem Zeitpunkt zuverlässig einschätzen, wie dicht er ist und ob irgendetwas vielleicht nicht mehr funktioniert.

Und ja, Folgendes ist kein Argument, aber dennoch Tatsache: da ich jeden Tag kiffe, würde ich aufgrund der lächerlichen deutschen THC-Blutserum-Grenzwerte auch zu jeder Zeit meinen Lappen verlieren, sollte ich einmal getestet werden, ob ich an dem Tag bereits geraucht hätte oder nicht. Also kann ich im Umkehrschluss in dieser Hinsicht auch die ganze Zeit dicht Auto fahren. Echt sinnlos…

Contra

Auch ich rauche ungefähr 364 Tage im Jahr Gras und auch ich lache mich über die deutschen Drogengesetze kaputt und finde es unfassbar und eine Unverschämtheit der Bevölkerung und dem gesunden Menschenverstand gegenüber, dass Zigtausende Menschen in Deutschland ihren Führerschein abgegeben müssen, weil die THC-Werte bei einer Verkehrskontrolle praktisch selbst dann noch zu hoch sind, wenn man Tage vorher einen Joint geraucht hat. Mir ist also mehr als bewusst, dass ich jederzeit den Führerschein abgegeben müsste, sollte man mich einmal auffordern zu pinkeln.

Dennoch: ich werde mir in Zukunft weder einen Plastikbeutel mit synthetischem Urin umschnallen, bevor ich mein Auto benutze und ich werde es auch nicht als Grund dafür nutzen, sowieso jederzeit im akuten Cannabisrausch Auto zu fahren. Ich möchte nicht, dass meine Mitmenschen ihre Autos besteigen, wenn sie vorher getrunken, gekokst oder Pillen geworfen haben und der Gesetzgeber verbietet ausnahmsweise mal nicht zu Unrecht all diese Sachen. (Natürlich mal wieder mit der unrühmlichen Ausnahme für kleinere Alkoholmengen.)

Und da ich aus Gründen der Sicherheit nicht möchte, dass die anderen Autofahrer ihre jeweiligen Lieblingsdrogen einschmeißen, bevor sie sich ans Steuer setzen, bin ich auch bereit, mich selbst einzuschränken und auch dann nicht unter direktem Cannabiseinfluss Auto zu fahren, wenn ich mich so fühle, als ob ich blendend dazu in der Lage wäre. Ja grundsätzlich vermeide ich es komplett, an Tagen Auto zu fahren, an denen ich zuvor schon gekifft habe, und sei es schon Stunden her.

Natürlich bin ich dennoch für die deutliche Erhöhung der THC-Werte bei Grenzkontrollen. Mir ist schon klar, dass die meisten Menschen ein paar Stunden nach einem Joint wieder ausgezeichnet Auto fahren können, wenn nicht sogar vorher schon, und natürlich würde ich auf der Autobahn lieber drei bekifften Personen begegnen als einem Betrunkenen, aber dennoch bleibe ich dabei: Fahrzeuge und schwere Maschinen sollte man ausschließlich komplett nüchtern bedienen.

3 Kommentare

  1. Ich bin seit fast 5 Jahren Cannabispatientin und nur mit THC im Blut fahrtüchtig. Ohne sollte ich das Autofahren aufgrund meiner Erkrankung besser vermeiden.
    Man muss bei Cannabis von Mensch zu Mensch unterscheiden!
    Ich nutze eine THC-reiche aber CBD-arme Sorte am Tage um im hier und jetzt, gesellschaftsfähig und fahrtüchtig zu sein. Ohne wäre ich aggressiv, unaufmerksam und risikobereit. Und am Abend vor dem Schlafen eine ausgewogene Sorte damit ich schlafen kann. Ich würde nie auf die Idee kommen die Nachtsorte vor dem Autofahren zu nutzen. Das wär mir da zu stressig und ich wäre viel zu schläfrig.
    Deswegen muss eine Legalisierung in Verbindung mit realistischer Aufklärung und Forschung her. Man muss verstehen warum Cannabinoide bei Menschen unterschiedlich wirken, denn so kann man faire Regeln für den Umgang mit Substanzen im Straßenverkehr schaffen.

  2. Wenn man da wirklich faire und sichere Verhältnisse im Straßenverkehr haben will, ist da noch eine Menge Arbeit fällig.
    Es wäre mehr als sinnvoll, für die gängigen Substanzen Grenzwerte zu ermitteln. Es geht schließlich um die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, nicht darum, das Fahrerlaubnisrecht zur Ersatzstrafe zu degradieren.
    Als sinnvoller Maßstab hat sich die sogenannte „Odds ratio“ etabliert, also der Faktor, um den sich die Unfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu nüchternen Fahrern erhöht. Wenn man berücksichtigt, dass bei 0.5 Promille eine Verdoppelung der Unfallwahrscheinlichkeit ergibt, und das gesellschaftlich akzeptiert ist, muss man für andere Substanzen „nur noch“ ermitteln, bei welcher Blutkonzentration der Substanz xy ebenfalls eine doppelte Unfallwahrscheinlichkeit vorliegt. Das Ganze muss natürlich mit Gelegenheits-, noch besser mit Erstkonsumenten durchgeführt werden, denn genau wie der Dauerstoner sind Alkoholiker noch mit Dosierungen der jeweils bevorzugten Substanzen fahrtüchtig, wo Anfänger sich zwischen 3 Schritten achtmal aufs Maul legen.
    Dafür muss es natürlich erstmal eine Dosis geben, die einer Verdopplung der Unfallwahrscheinlichkeit entspricht – und das wird beim Cannabis schon schwieriger: laut NHTSB (amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde) kommen selbst halbwegs relativ unerfahrene Konsumenten nur auf einen Faktor von 2, während bei über 1 Promille der Faktor schon bei 10 liegt.
    Zum Vergleich: wer nachts schnarcht, kommt schon auf einen Faktor von 4, wer während der Fahrt eine SMS tippt, landet bei einem Faktor von 24.
    Problematisch wird es natürlich bei Mischkonsum…

  3. Ich bin mittlerweile ziemlich seit 30 Jahren am Kiffen. In meiner Jugend habe ich gut gesoffen, aber nur wenn man los war, also nicht zum Genießen sondern um Party zu machen. Ich trank nie Alkohol wenn keine Party war und mittlerweile bin ich maximal ein Mal im Jahr angetütert. Alkohol gibt mir nichts. Es schmeckt mir einfach nicht und als ich mit 18 meinen ersten Joint rauchte, war ich schlicht begeistert.
    Ich bin nüchtern schnell reizbar ohne es zu wollen. Wenn ich einen geraucht habe, bin ich ein besserer Mensch. Ich bin die Ruhe in Person, nichts stresst mich. Selbst meine Frau hat es eingesehen. Früher hat sie Cannabis verteufelt ohne es zu kennen. Sie hat es bis heute nicht probiert, aber akzeptiert mein Hobby. Ich übertreibe es nicht und rauche nicht am Tag, wenn ich noch fahren muss.
    Ich kann man mich dem Text anschließen, er spricht mir aus der Seele.
    Es müssen andere Testmethoden her. Es soll doch auch so etwas wie „Pusten für Kiffer“ geben.

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