Vor Ort: so mausert sich Thailand gerade zum Cannabis-Paradies

Für alle etwas dabei: ob Boutique-Style (High Got You Dispensary, Bangkok)...

Während man in Deutschland immer noch an der Legalisierung herumwurstelt, wurden am anderen Ende der Welt bereits Nägel mit Köpfen gemacht. In Thailand ist der Konsum und Handel von Cannabis de facto legal geworden. Für manche mag das jetzt sehr überraschend kommen, da ja diverse Horror-Geschichten über Touristen kursieren, die für einen Joint in das berühmt-berüchtigte „Bangkok Hilton“ gewandert sind. Aber Thailand hat schon 2018 die medizinische Nutzung von Cannabis gesetzlich erlaubt und jetzt wurde endlich auch der Freizeitkonsum legalisiert.

Wenn man die momentane Gesetzeslage zusammenfasst, gibt es für Touristen eigentlich nur zwei Regeln zu beachten: der öffentliche Konsum kann einem als Erregung öffentlichen Ärgernisses ausgelegt werden. Cannabiserzeugnisse mit mehr als 0,2 Prozent THC oder CBD sind verboten. In der Praxis bedeutet das, dass man am besten nicht auf der Straße, am Strand oder in Parks seinen Joint raucht, sofern man da nicht ungestört ist. Und das Haschisch und Cannabis-Extrakte verboten sind. Im Gegensatz zu den von einigen Medien gestreuten Informationen, dass jedes Cannabis-Produkt über der 0,2-Prozent-Marke verboten wäre, ist der Besitz und Handel mit Cannabisblüten ohne Einschränkungen beim Cannabinoid-Gehalt erlaubt.

Diese Situation hat dazu geführt, dass es in manchen Gegenden Bangkoks, Phukets und Pattayas jetzt schon mehr Dispensaries und Coffeeshops als 7-Eleven-Shops (in Thailand weit verbreitete Mini-Supermarktkette) gibt. Und jeder der schon mal in Thailand war, weiß wie absurd viele 7-Eleven-Geschäfte es in den Touristengegenden gibt.

… oder rustikal – Thailand bietet beides (Lucky Lukes Tiki Joint, Bangkok)

Wenn man jetzt durch Sukhumvit oder die Kao San Road läuft, wird man unweigerlich mit dem Geruch von Cannabis konfrontiert und es gibt vom fliegenden Straßenhändler bis hin zu luxuriösen Lounges verschiedenste Möglichkeiten, um an Weed zu gelangen. Das Ganze geht momentan so weit, dass man sich das Gras einfach bequem per Messenger bestellen kann und dann ein Bote auf dem Motorroller die Bestellung ganz bequem ins Hotel oder Apartment liefert.

Wie lange es noch so ungehemmt zugeht, ist allerdings ungewiss. Im Parlament wurde der erste Entwurf für eine Regulierung zurückgewiesen und jetzt ist ungewiss, wie es weitergeht. Ein Rückgängigmachen der Legalisierung hat der Gesundheitsminister allerdings mehrfach zurückgewiesen.

Auf den meisten Inseln war der Umgang mit Cannabis sowieso schon immer etwas liberaler als auf dem Festland, aber als ich vor zwei Wochen auf Koh Phangan war, konnte ich in meinem Hotel einfach an der Rezeption aus zehn verschiedenen Strains wählen. Meinen Einkauf (leckeres Super Lemon Haze) habe ich dann auf der Terrasse meines Bungalows in der Hängematte mit Meerblick verköstigt. Das Leben hier in Thailand war auch schon vor der Legalisierung schön (vor allem, wenn man ein westliches Einkommen bezieht) – aber als Stoner kann ich mir gerade keinen schöneren Ort zum leben vorstellen.

Aber überall, wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten. Dadurch, dass der Handel mit Cannabis momentan ziemlich unreguliert ist, gibt es momentan auch sehr viel Gras auf dem Markt, dass potenziell gesundheitsschädlich ist wie etwa schimmeliges oder pestizidbelastetes Gras. Man sollte sich momentan also zweimal überlegen, aus welchen Quellen man hier sein Kraut beziehen möchte.

Dadurch dass die Legalisierung jetzt gerade einmal dreieinhalb Monate her ist, gibt es noch gar nicht annähernd genug Angebot für die Nachfrage, was zu absurden Preisen geführt hat. Für ein Gramm bestes Gras aus Thailand zahlt man momentan über 30 Euro. Es gibt Orte, an denen es hier für knapp 60 Euro pro Gramm verkauft wird. Diese Preise haben dazu geführt, dass jetzt über einen mehr oder weniger illegalen Weg das Gras aus Kanada und den USA importiert wird, dass dort niemand haben will. Aber um an diesem Graumarkt teilnehmen zu können, braucht man Verbindungen, die nicht jeder hat. Und es liegt nicht im Interesse dieser Leute den Markt jetzt mit billiger Ware zu fluten, da sie sich ja dumm und dämlich verdienen, wenn man in den USA bei den Mengen vielleicht drei Euro pro Gramm zahlt, da illegale Exporte für gewöhnlich „steuerfrei“ sind.

Kommerzielle Cannabis-Anlage in Thailand

Diese Schattenseiten hindern aber hunderttausende Menschen nicht daran, jetzt in der gerade entstehenden Cannabis-Industrie ihr Glück zu suchen. Von Tech-Startups über Hersteller luxuriöser Konsumutensilien und Samenbanken die südostasiatische Landrassen erhalten wollen bis hin zu Touren ins ländliche Thailand, um den legendären „Thaistick“ selbst herzustellen – das alles gibt es jetzt schon!

Und es wird nicht lange dauern, bis in Bangkok die erste Rooftop-Bar eröffnet, die es einem ermöglicht, im 40. Stock seinen Joint mit Blick über die Skyline zu rauchen. Vielleicht erlaubt das auch schon die ein oder andere Bar und ich habe es nur noch nicht mitbekommen, da hier momentan einfach jeden Tag so viel passiert, dass man mit den Entwicklungen kaum Schritt halten kann.

Die Energie und die Hilfsbereitschaft innerhalb der ganzen Szene sind einfach überwältigend und ich bin mir sicher, dass Thailand der internationalen Cannabis-Landschaft in Zukunft noch einen eigenen Stempel aufdrücken wird. Viele der heute beliebtesten Sorten basieren ja auf thailändischen Landrassen, die in den 1980er-Jahren nach Europa gebracht wurden – man könnte also fast sagen: Cannabis is coming home!

Ein Gastbeitrag von Nick Martens, einem der Betreiber der Website highthailand.com. Zusammen mit zwei Freunden berichtet er aus Thailand über die gesetzliche Lage, beantwortet die am häufigsten gestellten Fragen und testet die verschiedenen Bars und Dispensaries. Zusätzlich findet man auf der Seite auch Strain-Reviews und Gütesiegel. Für die Zukunft sind noch viele weitere Features wie zum Beispiel ein Event-Kalender geplant.

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