Lauterbach präsentiert verbesserte Cannabis-Eckpunkte – und offenbart EU-Abhängigkeit

Cannabis Lauterbach

Lange, lange Jahre herrschte in Sachen Cannabis-Legalisierung Stillstand in Deutschland – doch momentan kann man sich vor Eckpunkt-Papieren zum Thema kaum retten. Während ein Leak zweifelhaften Ursprungs die Community vergangene Woche in Aufruhr versetzte, nur um kurz darauf wieder in der Belanglosigkeit zu verschwinden, stellte Gesundheitsminister Lauterbach heute das tatsächliche Eckpunktepapier vor. Also echt jetzt!

Wer sich die Punkte im Detail anschauen möchte, kann das hier tun. Die Mehrheit der Cannabisfreunde nimmt das Konzept selbst jedenfalls einigermaßen wohlwollend auf – zumal die viel kritisierte THC-Obergrenze endlich kein Thema mehr ist. Tatsächlich hört sich die geplante Ausgestaltung teilweise schon recht vielversprechend (wenn auch auch noch viele Baustellen bleiben) an, sogar das Wort Amnestie nimmt der Gesundheitsminister in seiner Pressekonferenz im Zusammenhang mit Konsumdelikten in den Mund. 

Nichtsdestotrotz gibt sich etwa der Deutsche Hanfverband (DHV) nach dem Auftritt Lauterbachs durchaus kritisch. Doch das liegt weniger an den konkreten Vorstellungen der Regierung, als vielmehr daran, dass diese möglicherweise gar nicht erst die Chance auf eine entsprechende Umsetzung bekommen könnte. Geschäftsführer Georg Wurth:

Um die Legalisierung auf EU-Ebene durchzusetzen, ist Kampfeswille nötig, nicht Unterwürfigkeit. Es klingt fast nach einer Ausstiegsstrategie: Man holt sich das zunächst erwartbare Veto der EU ab und lässt das Projekt Legalisierung dann fallen. Das darf nicht passieren!

Das Problem ist mittlerweile längst bekannt und heißt EU-Recht: nicht wenige Experten haben in den letzten Wochen und Monaten bereits darauf hingewiesen, dass sich in Brüssel noch ein großer Abgrund auf dem Weg zur Cannabis-Regulierung auftun könnte. 

Also alles nix wirklich neues – und doch: die Art, in der Lauterbach über die noch zu nehmende Hürde spricht, stimmt viele Cannabisfreunde nachdenklich. Denn: Deutschland wird sich in jedem Fall an die Vorgabe der europäischen Kommission halten. Das heißt konkret: wenn die EU nicht mitspielt, liegt das Projekt Legalisierung bis auf weiteres auf Eis. Einen deutschen Sonderweg, wie etwa in den Niederlanden, Luxemburg oder Spanien wird es dann nicht geben. Einen Protest gegen die EU, das bewußte Inkaufnahmen einer Vertragsstrafe ebenso wenig. 

Entweder ist man sich seiner Sache also insgeheim ganz schön sicher – oder man steht längst nicht so sehr hinter einer Legalisierung wie allenthalben kommuniziert wird. Schwer, Ersteres aus Lauterbachs umemotionalem und monotonem Tonfall herauszulesen. 

Wie fragwürdig das Vorgehen der Ampel in Bezug auf das „EU-Problem“ ist, kann man sich leicht an einem Gleichnis klar machen: man bereitet sich monatelang auf einen aufwendigen Camping-Trip vor. Man erzählt allen Freunden davon (gibt vielleicht sogar ein bisschen an), kauft ein großes Zelt und eine Menge Equipment, mietet ein topmodernes Wohnmobil, bucht einen Zeltplatz, fährt los und stellt dann kurz vor der Ankunft fest, dass man vergessen hat, nachzuschauen, ob der Arbeitgeber den Urlaub überhaupt genehmigt hat. Upsi! Kein Wunder, dass die Kinder auf der Rückbank anfangen zu plärren.

Wäre es nicht sinnvoller gewesen, zuerst die Größe des Nadelöhrs zu überprüfen, bevor man große Töne spuckt? Aber dann hätte man ja eventuell auf große Versprechungen im Vorfeld verzichten müssen. Kann man als Regierung wirklich so planlos sein? Oder kommen wir langsam an den Punkt, an dem sich das Legalisierungs-Theater einmal mehr als großer Betrug am Wähler offenbart? 

Und überhaupt: warum sollte sich Deutschland in der Legalisierungsfrage auf Gedeih und Verderb an die EU binden? Etwa bloß aus Angst vor einem Richtlinienverstoß, den die EU mit einem Verfahren ahnden würde? Schwer zu glauben, wenn man bedenkt, dass sowieso zahlreiche entsprechende Verfahren gegen die Bundesrepublik laufen, wegen allerhand Verstößen von Vorratsdatenspeicherung bis hin zu Eisenbahnverkehr – 2018 waren es zum Beispiel insgesamt über 70 Verfahren, wie eine damalige Bundestagsanfrage ergab. Die unübersehbaren Argumente pro Legalisierung, die ja angeblich auch Herr Lauterbach inzwischen verstanden haben will und nicht müde wird, zu betonen, verlieren ja zudem nicht dadurch ihre Gültigkeit, dass die EU-Kommission sich lieber an eine vor-vorgestrige Regelung, die mit dem aktuellen Wissenschaftsstand nicht das geringste zu tun hat, halten möchte.

Zuletzt hatte übrigens Luxemburg seine geplante Legalisierung wieder abgeblasen. Hinter dem Vorwand der Pandemie versteckt, war die Angst vor einer Konfrontation mit der EU laut Expertenmeinungen der wahre Grund für die Absage. Nichtsdestotrotz arbeitet das Land nach wie vor zumindest auf einen entkriminalisierten Eigenanbau von Cannabis hin, den man ungeachtet der EU umzusetzen gedenkt. Es ginge also auch anders…

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