Bundesverfassungsgericht: Cannabis-Verbot rechtens

Richter Andreas Müller

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die geltende Cannabis-Prohibition in Deutschland als verfassungsgemäß bestätigt. Die zuständigen Richter entschieden damit in höchster Instanz, dass die Strafverfolgung von Kiffern demnach rechtmäßig gewesen sei und noch immer ist.

Momentan mal – passt das denn mit der Cannabis-Entkriminalisierung zusammen, deren Umsetzung noch für dieses Jahr geplant ist? Handelt es sich dabei nicht um einen Widerspruch?

Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts mit den kommenden Cannabis-Gesetzen der Ampel-Koalition zu tun hat. Also – erstmal durchatmen, wer bei der Überschrift fast vom Stuhl gefallen ist.

Das schon fortgeschrittene Entkriminalisierungs-Gesetz wird seinen Weg bis zum Beschluss durch das Parlament so oder so gehen – in Anbetracht der bisher geleakten Entwürfe geht es eigentlich nur noch um die Frage, welche Details noch angepasst werden.

Kann man die neue Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts also getrost ignorieren? Im Prinzip schon, dennoch macht der Zeitpunkt der Entscheidungsverkündung ein wenig stutzig – mehr oder weniger pünktlich zu den anstehenden Bundestagsdebatten zur Entkriminalisierung gibt das Urteil Cannabis-Gegnern natürlich Auftrieb. Man darf sicher sein: Konservative werden es sich nicht nehmen lassen, in zutiefst populistischer Art und Weise auf das höchstrichterliche Urteil zu verweisen – sozusagen als neuer Beleg für die Gefährlichkeit von Cannabis.

Dabei hat das Urteil wie bereits erwähnt keinen Zusammenhang mit den Planungen der Ampel-Regierung – vielmehr wurde die Richtervorlagen bereits 2019 medienwirksam durch Richter Andreas Müller und den Deutschen Hanfverband (DHV) eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt war die Ampel noch nicht einmal gewählt und eine Entkriminalisierung oder gar Legalisierung überhaupt nicht absehbar.

Cannabis-Verbot nicht in Stein gemeißelt

Darüber hinaus eignet sich die Urteilsbegründung der Verfassungsrichter gar nicht zur Anti-Cannabis-Hetze (– insgeheim dürften das selbst CDU und Konsorten bemerken). Darin steht nämlich im Grunde nichts weiter, als dass der eingereichte Antrag quasi unnötig war, da er gegenüber dem Urteil von 1994 kaum neue Erkenntnisse, die eine entsprechende Neuevaluierung rechtfertigen würden, enthalte. 

Schon 1994 gab das Bundesverfassungsgericht an, dass durch einen mäßigen Cannabiskonsum keine großen Schädigungen zu erwarten seien, egal ob gesamtgesellschaftlich betrachtet oder individuell. Schon 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht ebenfalls klargestellt: ja, Cannabis sei weniger schädlich als Alkohol. Auch diese Erkenntnis wird im neuen Urteil explizit nicht in Frage gestellt.

Im Grunde schiebt das BVG den schwarzen Peter der Politik zu, die dafür zuständig sei, falls gewünscht, eine neue Cannabis-Regelung zu erarbeiten. Da dies ja sowieso gerade geschieht kann man die neusten Zwischenrufe aus Karlsruhe mit der nötigen Gelassenheit betrachten. Weniger gelassen dürften jedoch die damaligen Initiatoren der Richtervorlagen-Kampagne, Richter Müller und der DHV sein – egal wie man es dreht und wendet, für sie bedeutet das Urteil eine empfindliche Niederlage. Sie müssen sich vorwerfen lassen, die Lage falsch eingeschätzt zu haben: dass sie in der Sache richtig liegen, dürfte klar sein, doch manchmal muss eben auch taktiert werden – und da kann es dann auch mal die richtige Entscheidung sein, auf eine derartige Kampagne (vorerst) komplett zu verzichten, bevor man im worst case noch die Gegenseite stärkt. Andererseits: hinterher hat man immer leicht reden und wenn man nix wagt, dann ändert sich erst recht nie etwas.

Zerknirscht gab sich jedenfalls Richter Müller auf seinem Instagram-Account: „Liebe Menschen, heute ist kein guter Tag für den Rechtsstaat, für die Freiheit und für mich persönlich.“ Er kündigte an, am Nachmittag eine ausführliche Stellungnahme posten zu wollen.

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