Aeroponic-System im Eigenbau

Cannabis Areoponic

Wer sich etwas intensiver mit dem Thema Cannabis-Growing auseinandersetzt und nach Möglichkeiten sucht, ohne Erde zu arbeiten, die Erträge zu erhöhen oder aber auf weitgehende Automatisierung zu setzen, der stößt irgendwann in irgendeiner Form auf das Thema Hydroponic und Aeroponic. Dies ging auch unserem Autor Mr. Haze Amaze so, der sich daraufhin entschloss, ein Aeroponic-System in Eigenregie umzusetzen, aber auf das ganze Feintuning zu verzichten. In diesem Artikel erklärt er nicht nur verschiedene Hydroponic- und Aeroponic-Systeme, sondern berichtet auch, ob sein Versuch eines nicht optimal eingestellten Aeroponic-Systems Früchte trug. Na klar, es geht um ganz besondere Früchte, ihr wisst Bescheid…

Heutzutage gibt es so viele verschiedene Anbaumethoden für Cannabispflanzen, dass manch potentieller Einsteiger schon abwinkt, wenn er versucht sich schlau zu machen. Natürlich birgt jede Anbaumethode ihre jeweils eigenen Risiken und Vorteile. Eine Art des Anbaus genießt in Fachkreisen mittlerweile ein sehr hohes Ansehen und lässt sich in der Oberkategorie „Mediumfreies Anbauen“ einordnen. Die Rede ist von Hydroponic- bzw. Aeroponic-Systemen. Es handelt es sich um wasserbasierte Verfahren und mediumfrei bedeutet, dass zum Anbau keinerlei Growmedium wie Erde oder Kokosfasern verwendet wird. Doch wie genau funktioniert ein System, das den Wurzeln keine Möglichkeit bietet, sich in einem Substrat zu vergraben? Zur Erklärung zunächst ein kurzer Blick auf die Basics der Pflanzenzucht: Wurzeln benötigen für ihr Wachstum hauptsächlich Wasser und Sauerstoff. Dazu kommen noch Stoffe wie Natrium, Kalium und Stickstoff, die bei einem gewöhnlichen Grow auf Erde bereits im Medium selbst enthalten sind, zumindest für eine gewisse Zeit – insbesondere, wenn das Substrat vorgedüngt ist.

Durch Zugabe von Dünger im Gießwasser erhält man dann den benötigten Nährstoffspiegel aufrecht. Lässt man das Substrat beiseite, bleiben nur noch nährstoffreiches Wasser und Luft, die für ein gesundes Wurzelwerk benötigt werden. Und genau diese Tatsache machen sich beim Cannabis-Anbau Hydroponic- und Aeroponic-Systeme zunutze. Bei diesen Systemen werden die Wurzeln stetig oder sequentiell mit nährstoffreichem Wasser versorgt. Dies geschieht mittels einem Tropfsystem, einem Wasserdurchlauf oder einem Sprühnebel. Durch die Bewegung des Wassers wird dieses mit Sauerstoff angereichert. Bei einigen Systemen wird zusätzlich eine Sauerstoffpumpe wie in einem Aquarium genutzt, um den Sauerstoffgehalt im Wasser zu erhöhen. Den Sauerstoff gibt das Wasser an die Wurzeln weiter und bietet ihnen somit alles, was sie zum Wachsen brauchen. Das Wasser, das an den Wurzeln herabfließt, wird wieder zurück in einen Auffangtank geleitet und mittels einer Pumpe zurück zu den Pflanzen befördert. Somit entsteht ein geschlossenes System. Doch wie halten sich die Pflanzen nun in diesem System fest, wenn es kein Medium gibt? Dies verrät uns der Blick auf einige bekannte Systeme:

DWC (Deep Water Culture): in diesem System steht der Stamm der Pflanze in einem mit Blähton gefüllten Netztopf oder einem Steinwolleblock. Dabei hängen die Wurzeln in einem Behälter mit Nährstofflösung und werden durch eine Aquariumpumpe und einen Luftstein mit Sauerstoff versorgt. Das Wasser wird dabei allerdings nicht bewegt.

NFT (Nutrient Film Technique): bei diesem System sind die Pflanzen ähnlich wie beim DWC verankert und befinden sich über oder in einem Rohr oder einer „Rutsche“, durch die kontinuierlich Wasser fließt. Dieses landet dann in einem Auffangtank, von dem aus es zu den Pflanzen zurückgepumpt wird. Die Wurzeln hängen dabei im Wasserfluss.

Drip-System: bei diesem System werden die Pflanzen über ein Tropfsystem mit Wasser versorgt. Dafür reicht bereits ein Schlauch mit mehreren Löchern, der kreisförmig über dem Pflanzentopf hängt. Allerdings sollten hier immer Blähtonkugeln oder Steinwolle verwendet werden, da durch das Tropfen die Wasserverteilung nicht optimal ist. Blähton und Steinwolle können das Wasser für einen längeren Zeitraum abspeichern und nach und nach abgeben. Dieses System kann auch als automatische Gießvorrichtung für einen herkömmlichen Grow mit Substrat genutzt werden.

Aeroponic: bei diesem System werden die Wurzeln innerhalb eines (leeren) Topfes in bestimmten Zeitabständen mit Wasser aus Sprühköpfen versorgt. Durch einen Sprühkopf verteilt sich das Wasser großflächig auf den Wurzeln. Die Pflanzen an sich werden meist nur noch mit einer Schaumstoffhalterung am Stamm stabilisiert. Es gibt bei dieser Art des Anbaus noch weitere Unterarten: man unterscheidet zwischen Low- und High-Pressure-Systemen, was von dem Druck der verwendeten Pumpe sowie der Art des Sprühkopfs abhängig ist. Eine spezielle Einsatzform des High-Pressure-Systems ist das sogenannte Fogging, bei dem das Wasser durch einen Ultraschall-Verdampfer in kalten, feuchten Nebel verwandelt wird.

Was die Wasseraufnahme angeht, funktioniert diese umso besser, je kleiner die Wasserteilchen sind. Daher kann man sagen, dass beim Fogging die größtmögliche Wurzeloberfläche mit nährstoffreichem Wasser versorgt wird und dieses durch die geringe Größe der Wassermoleküle optimal aufgenommen werden kann. Die soeben vorgestellten Systeme sind also in umgekehrter Reihenfolge nach ihrer optimalen Wasseraufnahme sortiert.

Von oben nach unten: Drip-System, Nutrient-Film-Technique, Areoponic, Deep-Water-Culture (DWC)

Cannabis-Anbau mit selbstgebautem Aeroponic-System

Ich selbst habe mich als Laie daran gewagt, mir ein eigenes kleines und günstiges Aeroponic-System zu basteln. Lange Zeit war ich abgeschreckt, da in den meisten Web-Foren von „einem der schwierigsten System“ oder „nur für Profis“ die Rede war. Doch genau aus diesem Grund habe ich mich schließlich dann auch dafür entschieden, das Ganze einmal anzugehen und somit die These auf die Probe zu stellen, dass man sich professionell mit pH- und EC-Werten sowie Nährstoffen beschäftigt haben muss, um ein solches System am Laufen zu halten. Als Grundlage habe ich ein spezielles Topfset eines Fachhändlers aus dem Internet bestellt. Was benötigt man also für ein solches System?

  • Netztöpfe oder Steinwollblöcke
  • Eimer mit einem Deckel oder einfach direkt die entsprechenden Töpfe vom Fachhändler
  • Einen lichtdichten Auffangtank, ebenfalls mit Deckel. Sehr gut eignen sich hier Verstauboxen, wie sie in vielen Kinderzimmern zu finden sind
  • Gummischläuche, ebenfalls lichtundurchlässig, und Verbindungen (T- oder X-Verbindungen)
  • Sprühköpfe
  • Eine Teichpumpe
  • Und natürlich Pflanzen

Zuerst einmal musste das System zusammengebaut werden, doch das war relativ einfach und nach wenigen Stunden erledigt: in den Deckel des Auffangtanks wurden Löcher für den Bewässerungsschlauch und das Kabel der Pumpe gebohrt und zwei große Löcher für zwei Pflanztöpfe, durch die das Wasser wieder in den Tank fließen kann. Anschließend wurden die Schläuche mittels Verbinder mit der Pumpe und den am Topfdeckel angebrachten Öffnungen verbunden. In den Wassertank wurden dann etwa 25 bis 30 Liter Regenwasser gefüllt, gemischt mit Wurzelbooster und Grow-Dünger für die Vegetationsphase. Auf pH- und EC-Werte habe ich zum Testen mit voller Absicht nicht geachtet – bis auf die Tatsache, dass Regenwasser genutzt wurde, da dieses bereits einen sehr guten pH-Wert fürs Growen besitzt.

Für meinen Versuch wurden zwei Stecklinge von einer großen Mutterpflanze abgeschnitten und mittels Clonex zum Wurzeln gebracht. Da dieser Grow komplett ohne Medium vollzogen werden sollte, wurden die Stecklinge nach der Bewurzelung wieder aus dem Steinwolleblock extrahiert. Es waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht sonderlich viele Wurzeln vorhanden und sie waren noch recht dünn. Leider sind auch ein paar davon bei der Entnahme abgerissen. Aber wie bereits erwähnt, das sollte auch ein „rücksichtsloser“ Grow werden, um die Strapazierfähigkeit des Systems und der Pflanzen zu testen. Die Stängel mit den herauswachsenden Wurzeln wurden anschließend in eine kleine Schaumstoffplatte gesteckt und mit den Wurzeln nach unten in den Topf gehängt.

Licht und Belüftung liefen im 18/6-Zyklus und das Wasser wurde im Anderthalb-Stunden-Takt für jeweils 15 Minuten eingeschaltet. Auch hierbei handelt es sich nicht gerade um eine optimale Schaltung, da in ordentlichen Systemen eine elektronische Zeitschaltuhr genutzt und lediglich für etwa fünf bis 15 Sekunden bewässert wird. In den ersten sechs, sieben Tagen passierte nichts und ich hatte mich fast damit abgefunden, dass mein System eventuell doch nicht gut genug oder meine Einstellungen zu stümperhaft waren. Doch als ich nach einer dreitägigen Reise wieder nach Hause kam, in meinen Schrank schaute und den Deckel der Töpfe anhob, blickte ich auf viele dünne und fein aufgefächerte Wurzeln, die sich über das im Topf befindliche Gerüst gelegt hatten. Eine weitere Woche später sahen die Stecklinge schon sehr gesund aus und hatten bereits zwei neue Internodien gebildet. An dieser Stelle will ich den Bericht über den Grow etwas verkürzen und nur die wichtigsten Fakten nennen:

  • Es wurde nach dem Einsetzen eine Vegetationsphase von drei Wochen eingehalten
  • Es wurde eine Blütephase von etwa sechs bis sieben Wochen eingehalten
  • NDL/HDL 150 Watt, Vegi 18/6, Blüte 13/11
  • Bewässerung alle anderthalb Stunden für 15 Minuten
  • Dünger wurde nach Bedarf gegeben
  • Ein vollständiger Wassertausch fand während des gesamten Growzyklus dreimal statt, des Weiteren wurde mit einem 50-50-Mix aus Regenwasser und destilliertem Wasser geflusht

Resultate: überraschend gut

Das Endergebnis hat mich dann mehr als überrascht: jede Pflanze trug ein gutes Dutzend dicke, schneeweiße Blüten – und das, obwohl sie gerade mal 50 Zentimeter hoch waren. Sie ließen sich direkt nach der Ernte kaum eindrücken, was auf einen sehr dichten Blütenbesatz hinweist. Geruch, Farbe und Geschmack glichen dabei dem Premium-Produkt eines niederländisch Coffeeshops – und das obwohl ich kaum Aufwand betrieben hatte. Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Auch wenn das Cannnabis-Endprodukt an sich überzeugen konnte, ist Aeroponic dennoch ein sehr anspruchsvolles System, selbst in der von mir gebauten Guerilla-Version.

Denn während des Grows gab es auch viele Probleme, um die ich mich kümmern musste: zu viele oder zu wenige Nährstoffe, von Algen befallene Schläuche und Pumpe oder ein leerer Wassertank, weil ich den Wasserverbrauch der Pflanzen falsch eingeschätzt hatte. Doch das wohl größte Gefahrenpotenzial bieten die Schlauchverbindungen. Wenn diese undicht sind oder versehentlich gelockert werden, hat man ganz schnell ein Riesenproblem. Denn wird beim Überprüfen der Pflanzen unbemerkt eine Verbindung gelockert, die sich durch den Wasserdruck dann vollständig löst, schießt schon das Wasser in den Growschrank. Ist man währenddessen unterwegs, erwarten einen bei der Rückkehr ein Wasserschaden, eine rauchende Growbox (da die Pumpe trocken läuft) und halbtote Pflanzen.

Und das wäre noch ein glimpfliches Szenario, denn wenn das Wasser an die Elektronik der Lampen oder der Abluft gerät, kann eine Growbox auch mal schnell in Flammen stehen und man hat nicht nur die Feuerwehr vor der Türe stehen. Um das Ganze zusammenzufassen: man kann durchaus sagen, dass mein Selbstversuch ein interessantes Projekt mit überragenden Ergebnissen war. Doch stimme ich auch den Meinungen im Netz zu, dass man bei einem solchen System Professionalität und ein hohes Maß an Achtsamkeit an den Tag legen muss, um ohne größere Schäden in der Wohnung oder an den Pflanzen ans Ziel zu gelangen. Es ist also tatsächlich eher etwas für Fortgeschrittene, die ihre Grows akribisch und gewissenhaft durchführen möchten. Als Anbau-Neuling sollte man trotz der tollen Ergebnisse lieber die Finger davon lassen oder zunächst mit einem Outdoor-System üben.

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