Cannabis auf Rezept auch für Gesunde? Wie leicht ist es, sich Cannabis verschreiben zu lassen? Ein Selbstversuch! (Teaser aus dem neuen Heft)

Ein Arzt schreibt ein Rezept. Im Vordergrund medizinisches Marihuana
Ein Arzt schreibt ein Cannabis-Rezept

Seit dem 10. März ist Cannabis offizielle Medizin in Deutschland – die bisherigen Ausnahmegenehmigungen sollen nun durch Rezepte ausgetauscht werden, zudem steht jetzt theoretisch einer größeren Bevölkerungsgruppe medizinisches Cannabis zur Verfügung. Doch die Verwirrung ist noch groß, bei Patienten, Ärzten, Krankenkassen. Und auch diejenigen, die nicht schwer krank sind, aber ihre alltäglichen Leiden gerne und erfolgreich mit Cannabis anstelle von Tabletten lindern, sind natürlich grundsätzlich an einem Apotheken-Bezug von Marihuana interessiert. Doch kann man mit seinen Zipperlein einfach so zum nächstbesten Arzt und sich etwas verschreiben lassen? Wir haben den Selbstversuch gemacht – und zwar direkt in der ersten Woche nach der Gesetzesänderung. Unser neuer Autor Dr. Dope hat in seiner Heimatstadt die Ärzte abgeklappert…

Es rauscht so gehörig im deutschen Blätterwald wie schon lange nicht mehr. Und das betrifft beileibe nicht nur die einschlägigen Szene-Magazine. Einige aktuelle Überschriften bekannter Tageszeitungen von links nach rechts seien hier stellvertretend für Dutzende zur Auswahl gestellt: „So funktioniert das Kiffen auf Rezept“, „Für Schwerkranke – Bundestag erlaubt Kiffen auf Rezept“ oder „Auf Rezept: Wer bekommt Cannabis aus der Apotheke?“. Bei so viel medialer Präsenz in den deutschen Mainstream-Medien könnte doch nicht nur den wirklich Kranken, also der ursprünglichen Zielgruppe der Gesetzesänderung, sondern auch den gewöhnlichen Cannabiskonsumenten das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und aus den USA ist ja bestens bekannt, wie der Hase auch höppeln kann. Denn Kiffen auf Rezept ist in einigen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika dermaßen einfach und chillig, dass es beinahe schon absurd ist. Das Marihuana-Rezept kann dort – im richtigen Bundesstaat – online oder per Telefon beantragt werden, die medizinischen Gründe sind kaum in irgendwelche Richtungen eingegrenzt. Von Schlaflosigkeit, Stress bis hin zu Ermüdungssymptomen lassen die Ärzte alles gelten, um die heiß begehrten Rezepte auszustellen. Werden diese paradiesisch anmutenden Zustände jetzt auch nach Deutschland „exportiert“? Kann nun jeder, der ein wenig Einschlafprobleme hat oder der Stress verspürt – und wer tut das nicht? –, Cannabis auf Rezept bestellen? In der Theorie müsste diese Frage vorsichtig mit ja beantwortet werden. Denn das Gesetz, das im Januar den Bundestag passiert hat, erlaubt es deutschen Ärzten, Cannabis als Medizin ohne weitere Auflagen und auch ohne Einschränkung, das heißt nicht nur bei bestimmten Krankheitsbildern, zu verschreiben. Im Gegensatz zu früher muss in Deutschland auch nicht mehr nachgewiesen werden, dass andere Medikamente nicht oder nicht mehr wirken. Und der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich von Cannabis auf Rezept nun mal offen gehalten.

Nach der neuen Gesetzeslage ist es deutschen Ärzten 2017 also theoretisch möglich, nicht nur Schwerstkranken Cannabis zur Linderung zu verschreiben. Vielmehr könnte nach meinem Verständnis der Lage nun auch Cannabis bei den oben genannten Indikationen wie Schlaflosigkeit, mangelndem Appetit, Kopfschmerzen und so weiter verordnet werden. Auf den ersten Blick sieht es also so aus, als ob wir (und damit meine ich auch ausdrücklich die aufs Vergnügen ausgerichtete Cannabis-Community) rosigen Zeiten entgegen gehen, denn eine dieser Indikationen kann beinahe jeder Mensch ohne valide medizinisch-empirische Überprüfbarkeit für sich geltend machen. Und es bleibt ernsthaft zu hoffen, dass dies nur ein erster Schritt in Richtung einer vollständigen Legalisierung von Marihuana und Co. ist, welche die Entscheidung in die Eigenverantwortlichkeit eines jeden erwachsenen Menschen legt, ob er nun kiffen möchte oder aber eben auch nicht.

Soweit die schön und verlockend klingende Theorie. Aber wie sieht es in der Praxis aus? Funktioniert es tatsächlich auch so, wie ich und viele andere es sich wünschen? Hier werden schnell erste Zweifel laut, wenn man diesbezüglich im Netz nachforscht. Eine Schreckensnachricht jagt die andere. Um einige Betroffene direkt zu Wort kommen zu lassen, haben wir in den Randspalten rund um diesen Artikel einige Stimmen von unserer Facebook-Seite sowie denjenigen von DHV und ACM gesammelt, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt und ihre ersten Erfahrungen mit den Ärzten und Krankenkassen gemacht haben.

Glaubt man einigen der Meldungen im Internet, dann stellen sich die Ärzte stur und die Krankenkassen legen einem hinsichtlich einer Kostenübernahme einige Steine in den Weg – und das selbst dann schon, wenn man tatsächlich und dauerhaft erkrankt ist. Alles klar, das war ja beinahe nicht anders zu erwarten. Denn Cannabis ist für die Pharmaindustrie und den Krankheits- – oder politisch korrekter: – Gesundheitskomplex aus Ärzten, Krankenkassen, Arzneimittelherstellern, Zulieferern von chemischen Rohstoffen und so weiter ein Schreckgespenst ohnegleichen, denn sie befürchten, dass die Verschreibung von Marihuana viele andere Medikamente (zumindest in den Augen der Nutzer) überflüssig machen könnte.

Wie sieht es aber konkret in diesen ersten Tagen nach der Gesetzesverabschiedung aus? Ist es überhaupt möglich, sich ohne Weiteres Marihuana auf Rezept verschreiben zu lassen? Logisch, von den teilweise paradiesischen Zuständen in den USA sind wir meilenweit entfernt, das liegt schon alleine an der deutschen Klein-Klein- und Beamten-Mentalität. Highway – Das Cannabismagazin hat deshalb die Probe aufs Exempel gemacht. Und zwar in einer deutschen Großstadt, wo die Chancen, auf verständnisvolle, offene Ärzte zu treffen, doch eigentlich höher sein sollten als auf dem platten Land. Eins vorneweg: ich habe allen Ärzten, mit denen ich gesprochen habe, Anonymität zugesichert und keiner hat mir diesbezüglich widersprochen und auf einer namentlichen Nennung bestanden. Ich denke, die Anonymität war ein notwendiger Schritt, um die Ärzte zur Offenheit und überhaupt zum Reden zu bringen. Zumindest in dieser Hinsicht war ich erfolgreich – so viel sei an dieser Stelle schon einmal verraten.

Der erste Arzt, den ich aufsuche, ist dafür bekannt, dass er auf alternative Medizin setzt. Er verschreibt gerne homöopathische Globuli und setzt auf Extrakte von Rinderleber und anderes Zeug zur Stärkung des Immunsystems. Dass der Doc bereits die 60 Jahre überschritten hat, dürfte doch bei solch einem positiv-ganzheitlichen Gesundheits- und Heilmittelverständnis kaum erschwerend ins Gewicht fallen. Als ich in seiner Praxis sitze, taste ich mich vorsichtig an das heikle Thema heran. Ich bin bei ihm ab und an wegen Kopfschmerzen in Behandlung und seit Jahren verschreibt er mir – entgegen seiner äußeren Fassade – ein Codein- und Paracetamol-Gemisch dagegen. Cheers! Wohl bekomms, denn was Paracetamol mit der Leber anrichtet, ist ja allgemein bekannt. Und dass Codein als Opiatderivat auch nicht unbedingt unter die Rubrik „sanfte und ganzheitliche Medizin“ fällt, ist auch jedem intuitiv klar. Ich setze ihm die neue Gesetzeslage vor und frage dann: „Könnten wir hier nicht einen Präparat-Wechsel anstreben? Zufällig weiß ich, dass Marihuana gegen starke Kopfschmerzen hilft.“ Als das Wort Marihuana fällt…

…Ja, wir wissen es ist gemein, den Artikel an dieser Stelle abzubrechen, aber immerhin handelt es sich um die Titelstory der neuen Ausgabe von Highway – Das Cannabismagazin, die derzeit für schlappe 2,60 Euro in jedem gut sortierten (Bahnhofs-)Kiosk sowie Head- und Growshop erhältlich ist. Unser Autor Dr. Dope hat verschiedenste Ärzte in seiner Heimatstadt mit verschiedenen Geschichten aufgesucht und versucht, sich Marihuana auf Rezept verschreiben zu lassen. Ob das funtkioniert hat – und wenn ja, wie – könnt ihr selbst im aktuellen Magazin nachlesen. Weitere Cannabis-News und Cannabis-Entertainment sowie viele Informationen zum Anbau und zur Verarbeitung von Cannabis, Marihuana und Haschisch sind ebenfalls wie in jeder Ausgabe enthalten.

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