Bundesdrogenbeauftragter will Diskussion um THC-Obergrenze

THC-Messung mit einem Testgerät: werden 22 % THC bald verboten sein?

Da ist es schon wieder, das böse Wort „THC-Obergrenze“. Immer öfter kann es der verunsicherte Cannabisfreund im Rahmen von Legalisierungsnachrichten und -debatten vernehmen. Jetzt nimmt es auch der in der Cannabis-Community mit zahlreichen Vorschusslorbeeren überhäufte Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) in den Mund.

Eine ernsthafte Diskussion fordert der 55-Jährige zu dem Thema – ohne sich bisher explizit auf eine der beiden Seiten zu schlagen. In einem aktuellen Interview mit der „Welt am Sonntag“ äußerte Blienert, er könne in Sachen THC-Obergrenze beide Standpunkte nachvollziehen – sowohl den ablehnenden als auch den befürwortenden. Gut, eine ehrliche Diskussion kann ja in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nie schaden – und doch irritieren Blienerts Aussagen.

Denn als Begründung, warum eine Diskussion nötig sei, nimmt er ohne Umschweife das konservative Narrativ vom immer stärker werdenden Cannabis auf, ohne es kritisch zu hinterfragen. Moment mal, trichtert er dem unbedarfteren Leser damit nicht schon das erste fragwürdige Scheinargument pro Obergrenze ein, noch bevor die eigentliche Diskussion überhaupt begonnen hat? Gerade der deutsche Hanfverband (DHV), der schon lange vor seiner Ernennung zum Bundesdrogenbeauftragten eine gewisse Nähe zu Blienert pflegte, muss hier aufhorchen – liegt dieser Mythos vom vermeintlichen „Cannabis Light“ der 70er-Jahre naturgemäß doch so gar nicht auf der Linie des DHV. Im Gegenteil: der Deutsche Hanfverband hat das „Argument“ schon mehrfach als irreführenden Mythos entlarvt. Ebenfalls schwer zu glauben, dass seine Kollegen von LEAP (Law Enforcement Against Prohibition) bezüglich Obergrenze mit Blienert auf einer Linie sind.

Man muss sich im Grunde auch einfach nur mal die Frage stellen, inwiefern die Umsetzung einer THC-Obergrenze mit den vorrangigen Zielen der deutschen Cannabis-Legalisierung, Austrockung des Schwarzmarktes und Gesundheitsschutz, kollidieren würden. In so ziemlich jedem seiner Statements fokussierte sich Blienert ansonsten voll und ganz auf diese Zielvorgaben – doch im Zusammenhang mit der THC-Obergrenze scheint er sie völlig zu vergessen. Und sowieso: kann man nicht aus jeder deutschen Hecke mit unterdurchschnittlichem THC-Gehalt Space-Muffins etc. backen, die selbst Cheech & Chong die Schuhe ausziehen würden? Und was ist eigentlich mit der vielgescholtenen Entkriminalisierung der Cannabis-Konsumenten – wird diese dann nicht einfach nur auf die Gruppe von Konsumenten verschoben, die lieber THC-reiches Weed raucht? Sind dann in Zukunft Haschisch- bzw. Extrakt-Liebhaber die schlechten Kiffer, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen? Und das Problem der zunehmenden synthetischen Verunreinigung von Schwarzmarkt-Gras wird dann auch einfach nur auf die lange Bank geschoben? Und, und, und. Sorry – aber spätestens an dieser Stelle ergibt das ganze Konstrukt keinen Sinn mehr.

Bleibt zu hoffen, dass es sich bei Blienerts Vorstoß bloß um eine Art Beschwichtigungstaktik für die konservativen Kreise handelt, damit die diese noch bis zur Umsetzung der Legalisierung die Füße still halten. Und doch würde eine absolut kontraproduktive Obergrenze, mit der man das ganze Projekt Legalisierung quasi eigenhändig sabotiert, nur zu gut in das Bild inkonsequenter deutscher Gegenwarts-Politik passen.

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