50 % THC-Gehalt etc.: „Tagesspiegel“ verbreitet Cannabis-Lügen

Zeitungs-Zitat vor Cannabisblüten

Fake-News-Alarm! Diesmal trifft es den Tagesspiegel, der sich nicht zu schade war, ein starkes Stück Anti-Cannabis-Lektüre unter die Leute zu bringen, die im besten Fall einfach „nur“ schlecht recherchiert wurde oder, schlimmer noch, tatsächlich mutwillig zur Desinformation der Leserschaft beitragen soll. Von Wissenschaftsredakteur Patrick Eickemeier, studierter Journalist und Biologe, sollte man so oder so etwas Wertigeres erwarten dürfen – ansonsten kann es nur heißen: sorry, Beruf verfehlt!

Unter dem alarmierenden Titel „Hochkonzentrierte Cannabisprodukte gefährden geistige Gesundheit“ wird zur Einstimmung einmal mehr das Lied vom angeblich immer stärker werdenden Cannabis gespielt: „Mittlerweile sind Sorten erhältlich, die sich zum Hippiekraut von anno dazumal so verhalten, wie Schnaps zu Alsterwasser mit Limo: bis zu 50 Prozent THC-Gehalt gegenüber einem Prozent“, heißt es da etwa an einer Stelle. 

50 Prozent THC? Wow, wo kriegt man das Kraut? Spaß beiseite, an dieser Aussage ist gleich so viel falsch, dass man gar nicht weiß, wo man mit der Richtigstellung anfangen soll! Zunächst einmal kann ganz unumwunden festgehalten werden, dass das amerikanische Szene-Urgestein, das „High Times“-Magazin, die Sorte „Godfather OG“ als die THC-reichste im Jahr 2020 erhältliche Sorte darstellt. Ohne Frage, eine hochqualitative und auch starke Cannabissorte, aber mit einem THC-Wert von (je nach Messverfahren) knapp über 30 Prozent doch weit unter dem im Tagesspiegel genannten Level. Einmal abgesehen davon, dass Samenbanken bekannterweise die Cannabinoid-Werte ihrer Kreationen gerne mal etwas zu optimistisch angeben, liegen die 50 Prozent so weit vom Machbaren entfernt, dass sich Breeder mit einer Angabe in dieser Größenordnung wohl einfach nur lächerlich machen würden und in der Branche ziemlich schnell als unseriös wahrgenommen werden dürften. Wo der Tagesspiegel und Herr Eickemeier die hohe Zahl her nehmen, bleibt unklar. Außerdem muss klar sein, dass ein derartiges hochprofessionell angebautes Top-Shelf-Produkt wie „Godfather OG“ für den deutschsprachigen Durchschnittskonsumenten überhaupt nicht leicht (wenn überhaupt) zu bekommen ist. Papperlapapp, beim Tagesspiegel weiß man: wenn sich der Ottonormalkiffer in Klein-Oberurselbach an der Straßenecke beim Dealer mit der sprichwörtlichen „deutschen Hecke“ eindeckt, dann purzeln die THC-Rekorde nur so.  

Nochmal so richtig die Blöße gibt man sich dann im letzten Teil des Textes, der sich um die Eigenschaften von Cannabis- und Tabakrauch dreht: „Ein weiteres Problem sind Erkrankungen der Atemwege bei Cannabisrauchenden: gehäufte Auftreten von Bronchitis sowie Entzündungen der Nasen- und Rachenschleimhaut sind dokumentiert, könnten aber auf den inhalierten Tabakrauch zurückzuführen sein. Cannabisrauch enthält mehr Teer und krebserregende Stoffe als Tabakrauch. Auftretende Krebserkrankungen könnten aber auch auf das Tabakrauchen zurückzuführen sein.“ 

Tatsächlich hat der Leser hier einen Absatz vor sich, der überhaupt gar nichts, einfach Nullkommanix, aussagt und dementsprechend eigentlich in der Korrektur hätte entfernt werden müssen. Aber, was soll’s, ein Lektorat kostet viel Geld und so genau schauen die Leser ja doch nicht hin, nicht wahr, lieber Tagesspiegel? Die Leserkommentare unter dem Artikel sprechen allerdings eine andere Sprache. Dass das Geschriebene dem aktuellen Stand der Wissenschaft eindeutig widerspricht, haben sie dann offenbar doch erkannt. Kein Wunder, dazu reicht eine viertelstündige Google-Recherche. Beispielhaft soll an dieser Stelle auf den Artikel der neuseeländischen „Drug Foundation“ und auf diese US-Studie aus Colorado verwiesen werden. Zum Thema Vaporizer, der die Diskussion um die gesundheitsschädliche Qualität des Rauche(n)s komplett ad absurdum führt, schweigt der Autor lieber gleich ganz.

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