Wer haftet für den Cannabis-Grow in der WG?

Ein Türspalt, aus dem violettes Licht scheint

Wer mit Betäubungsmitteln Handel treibt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handelt es sich bei den Betäubungsmitteln sogar um eine nicht geringe Menge, so wird das Handeltreiben mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr sanktioniert. Maßgeblich ist dabei der Wirkstoffgehalt des jeweiligen Betäubungsmittels. Bei Cannabis liegt die Grenze zur nicht geringen Menge bei 7,5 g Tetrahydrocannabinol. Problematisch ist dabei insbesondere, dass der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln weit ausgelegt wird und bereits jedes eigennützige Bemühen umfasst, welches nur darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Davon erfasst sind schon einmalige Tätigkeiten. Auch ist dabei unerheblich, ob ein solches Umsatzgeschäft tatsächlich erfolgt. Zur Erfüllung des Tatbestands des Handeltreibens gemäß § 29 ff. BtMG ist bereits ein Verhalten ausreichend, das auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet ist. Doch was passiert, wenn man jemanden bei sich wohnen lässt, der mit Drogen handelt? Welche Konsequenzen hat dies für den unwissenden Mitbewohner? Inwiefern ändert sich etwas an der Strafbarkeit, wenn man von dem Betäubungsmittelhandel des Mitbewohners weiß, dies aber duldet? Diese Fragen beschäftigten auch den Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 25.4.2017 – 5 StR 106/17. Der Beschuldigte in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte den Neffen seines Bekannten bei sich wohnen lassen. Der Neffe lagerte Sporttaschen mit insgesamt 31 Kilogramm Marihuana in seinem Zimmer, die von dem beschuldigten Wohnungsinhaber entdeckt wurden. Der Beschuldigte wusste, dass sein Bekannter Betäubungsmittel verkauft und hatte mehrmals wahrgenommen, wie dieser zusammen mit dem Neffen die Wohnung zum Verkauf und zur Lagerung der Rauschmittel nutzte. Auf Nachfrage teilte der Neffe ihm mit, dass er die Betäubungsmittel auf Anweisung des Bekannten in seinem Zimmer lagere.

Grundsätzlich erfüllt der Wohnungsinhaber allein wegen der Kenntnis und Billigung der Lagerung, Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in seiner Wohnung durch einen Mitbewohner noch nicht die Voraussetzung strafbarer Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Für die Annahme der Beihilfe einer Straftat ist gemäß § 27 StGB erforderlich, dass man vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Unter den Begriff des Hilfeleistens fallen sowohl die physische Beihilfe, als auch die psychische Beihilfe, also die unterstützende Bestärkung von Tatplan, Tatentschluss oder Tatausführungswillen. Maßgeblich ist, dass der Gehilfe den Haupttäter in seinem Tatentschluss bestärkt oder bei der Tatausführung unterstützt. In früheren Entscheidungen hatte der Bundesgerichtshof die Beihilfe in Fällen des aktiven Tuns durch Überlassen der Wohnung zum Zwecke des Handeltreibens angenommen. Vorausgesetzt wird in solchen Fällen, dass der Wohnungsinhaber bereits bei Überlassung der Wohnung von deren geplanter Verwendung für Rauschgiftgeschäfte wusste und die Aufnahme des handeltreibenden Mitbewohners nicht allein aus persönlichen Gründen erfolgte. Doch auch eine Beihilfe durch Unterlassen ist grundsätzlich möglich. Erforderlich hierfür ist allerdings eine sogenannte Garantenpflicht. Darunter versteht man eine rechtliche Handlungspflicht. Voraussetzung ist, dass man rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt. Eine solche Garantenstellung besteht beispielsweise zwischen Ehegatten. Lässt man jemanden bei sich wohnen, der mit Betäubungsmitteln Handel treibt und duldet dies, stellt dies noch keine Beihilfe zum Handeltreiben dar. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs fehlt es in solchen Fällen an der Garantenpflicht, da Wohnungsinhaber grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen haben, dass in ihren Räumen keine Straftaten begehen werden.         

So wurde in vergangenen Entscheidungen (16.2.2016 – 4 StR 459/15) Beihilfe auch dann nicht angenommen, wenn man zu einem späteren Zeitpunkt den aus der Wohnung heraus betriebenen Drogenhandel seines Mitbewohners duldet. Das unterbliebene Einschreiten gegen das Handeltreiben des Mitbewohners ist als Vorwurf des Unterlassens zu werten. Den Wohnungsinhaber trifft grundsätzlich keine für das Unterlassen erforderliche Garantenpflicht, gegen die Nutzung der Wohnung für die Begehung von Betäubungsmitteldelikten einzuschreiten. Anders verhält sich dies jedoch, wenn der Wohnungsinhaber den Betäubungsmittelhandel eines Dritten aktiv unterstützt. Ein solches aktives Unterstützen des Betäubungsmittelhandels kann etwa angenommen werden, wenn man die Wohnung in Kenntnis des beabsichtigten Handeltreibens überlässt oder die Betäubungsmittel für den Drogenhändler in Besitz nimmt oder verwahrt. Der Bundesgerichtshof hatte dies hier bejaht. Der Beschuldigte habe den Betäubungsmittelhandel durch aktives Tun gefördert. Er ermöglichte es seinem Bekannten, der sich nur als Besucher in der Wohnung des Beschuldigten aufhielt und dort nicht wohnte, das Marihuana vor Weiterverkauf in seiner Wohnung zwischenzulagern. Dies unterließ er selbst nach Entdeckung der Sporttaschen nicht, sondern gestattete seinem Bekannten und dessen Neffen bewusst, das Marihuana wie zuvor in der Wohnung aufzubewahren. Durch diese Entscheidung wird deutlich, dass bereits feine Unterschiede in den Personenkonstellationen über die Strafbarkeit eines Wohnungsinhabers oder Mitbewohners entscheiden können. Ist es direkt der Mitbewohner selbst, der mit den Drogen Handel treibt, kann lediglich strafloses Unterlassen zur Last gelegt werden. Lagert der Mitbewohner die Drogen dagegen für einen Dritten in der Wohnung zwischen und hat man darüber Kenntnis, macht man sich als Gehilfe strafbar.

Highway - Das Cannabismagazin Ausgabe 02/2021

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