Kifferfilm: Human Traffic

Im Fahrwasser des Megahits Trainspotting enstand zur Jahrtausendwende die Tragikomödie „Human Traffic“, die fünf feierwütige Freunde in ihrem Alltag zwischen stumpfem Alltagsjob und hedonistischem Party-Wochenende begleitet. Im Zentrum befindet sich Jip, der sich unter der Woche durch einen Sackgassen-Job in einem Bekleidungsgeschäft kämpft, nur um am Wochenende mit seinen Freunden in den Pubs und Clubs Cardiffs so richtig die Sau rauszulassen. Insgeheim hat er ein Auge auf seine platonische Freundin Lulu geworfen, die ebenfalls Teil der Gang ist. Auch die vier anderen haben ihre eigenen Konflikte zu lösen, die sich im Endeffekt aber alle auf das Spannungsfeld zwischen Perspektivlosigkeit und Entfremdung reduzieren lassen. Wenn die zweieinhalb Tage zwischen Freitag Nachmittag und Montagmorgen alles sind, wofür man lebt, dann muss unter der Woche etwas ganz gewaltig schief laufen. Als ernsthafte Kapitalismus-Kritik funktioniert der Film aufgrund seiner teilweise cartoonhaften Überzeichnungen zwar nur begrenzt, als Portrait der (englischen) Rave- und Party-Szene aber dafür umso besser. 

Der erhobene Zeigefinger bleibt zum Glück in der Tasche, ohne die Schattenseiten ausufernden Drogenkonsums unter den Tisch fallen zu lassen. Im Vergleich zum großen Bruder Trainspotting fällt das Treiben allerdings weit weniger drastisch aus, schließlich handelt es sich bei den Protagonisten auch nicht um Heroin-Junkies im Endstadium. Dafür dürften sich viele Zuschauer im Hinblick auf ihre eigene Jugendzeit in den sympathisch gezeichneten Figuren und ihren Erlebnissen wiederkennen. Die Hauptdarsteller legen sich jeweils mächtig ins Zeug und schaffen es, diese  ganz besondere Gefühlspalette zwischen Himmelhochjauchzend (High) und zu Tode betrübt (Kater) glaubhaft und ungekünstelt rüberzubringen. Dabei mag es der Authentizität durchaus geholfen haben, dass Regisseur Kerrigan bei den Dreharbeiten selbst erst Mitte Zwazig gewesen ist. Und auch, dass hier kaum jemand wie ein Topmodel aussieht, dessen Teint auch nach durhzechter Nacht immer noch porentief rein und strahlend aussieht. 

Und dann kommt, irgendwann im letzten Drittel, die Szene, die für sich allein genommen schon die Aufnahme in den Highway-Filmkanon rechtfertigt: der legendäre Gastauftritt von Howard Marks, seines Zeichens weltberühmter Haschisch-Schmuggler und Stoner-Ikone. Marks veredelte mit seiner Präsenz Zeit seines Lebens nur zwei Spielfilme. Kurz vor seinem Tod trat er im Finale der schwachen Komödie „Stoner Express“ in recht belangloser Weise auf, doch sein Stelldichein  in Human Traffic ist im Gegensatz dazu wirklich sehenswert. Perfekt seziert er die zentralen hierarchischen Mechanismen, die jeder Kiffer-Runde innewohnen. So ziemlich jeder Cannabisfreund dürfte sich in Howards  Erläuterungen zu den sogenannten „Spliff Politics“ wiederfinden und vielleicht sogar auch ein bisschen ertappt fühlen. Unbedingt erwähnenswert ist auch der Soundtrack des Films, der einige echte Perlen elektronischer Musik der Neunziger von Orbital bis Underworld bereithält, die den jeweiligen Szenen verdammt gut zu Gesicht stehen und den Film, auch als Zeitdokument, insgesamt deutlich aufwerten.

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