Cannabis pfropfen – 14 verschiedene Strains an einer einzigen Pflanze – Techniken und Tipps

Eine Cannabispflanze mit 14 verschiedenen Strains
In dieser Pflanze stecken 14 verschiedene Strains

Das Pfropfen ist in der Welt der Blumen und Früchte ein bekanntes und beliebtes Verfahren. Die Cannabis-Community beschäftigt sich jedoch praktisch gar nicht mit diesem Thema. Dies ist merkwürdig, wenn man bedenkt, mit welchen Hindernissen nicht-kommerzielle Züchter häufig zu kämpfen haben – so zum Beispiel mit räumlichen Einschränkungen oder aber auch einer regulierten und nur geringen Menge an Cannabispflanzen, die in manchen Ländern legal angebaut werden darf. Im Folgenden wird Autor Light Addict aus England, der Erfinder des Fluxings, erklären, wie Cannabis gepfropft wird.

Light Addict

Was ist eigentlich Pfropfen? Pfropfen bedeutet nichts anderes, als dass man einen Zweig von einer Pflanze nimmt (in diesem Zusammenhang – das – Pfropfreis genannt) und auf einer anderen Pflanze aufsetzt (auf den sogenannten Wurzelstock). Theoretisch bietet die Pfropftechnik so sogar die Möglichkeit, verschiedene Cannabis-Strains auf einer einzigen Mutterpflanze zu züchten. So können daheim trotz Einschränkungen hinsichtlich Platz oder einer Obergrenze erlaubter Pflanzen viele verschiedene Cannabissorten angebaut werden.

Grundausstattung für das Pfropfen von Cannabis

  • Skalpell oder Rasierklinge
  • PTFE-Band/Klempnerband (sauber, formbar und dichtet perfekt ab)
  • Durchsichtiges Klebeband, um die Pfropfung auszurichten (optional)
  • Verschließbare Plastikbeutel (für kleine Feuchtigkeits-Zelte)
  • Gartendraht (mit Plastikverkleidung)
  • Glas Wasser

Um mit dem Pfropfen loszulegen, sollte man eine gesunde Spenderpflanze, die das Pfropfreis stellt, wählen. Für das Gegenstück wird eine ebenfalls gesunde Pflanze als Wurzelstock benötigt – sozusagen die Pfropfunterlage. Dafür kann theoretisch sogar eine männliche Pflanze gewählt werden, wenn es denn gewünscht werden sollte. Hat man seine Wahl getroffen, sollte man an beiden Pflanzen nach Zweigen mit ähnlicher Länge und ähnlichem Umfang suchen. Dies ist wichtig, da die beiden unterschiedlichen Pflanzengewebe im Folgenden miteinander verbunden werden sollen, was dadurch erleichtert wird. Jeweils ein Zweig beider Pflanzen bilden gemeinsam ein Pfropf-Paar. Anschließend muss man sich nur noch für eine der verschiedenen Pfropftechniken entscheiden. Ich habe mit den beiden beim Pfropfen verbreitetsten Methoden experimentiert und finde, dass die Kopulieren genannte Technik, die mit einem einzelnen schrägen Schnitt an den Zweigen arbeitet, hinsichtlich Handhabung und Geschwindigkeit am besten funktioniert.

So wird das Pfropfen mittels Kopulation vorbereitet

Die andere weitverbreitete Methode des Pfropfens ist das Spaltpfropfen, bei dem der Wurzelstock V-förmig eingeschnitten wird und dementsprechend das korrespondierende Ende in V-Form angespitzt wird. Dann werden beide zusammengesteckt und verbunden. Ich benötige für diese Methode jedoch wesentlich mehr Zeit und es wird eine sehr ruhige Hand für das Ausführen der Arbeit benötigt. Zudem kann die Verbindungsstelle bei dieser Technik öfter austrocknen.

So sieht das Spaltpfropfen aus

Daher möchte ich mich in diesem Artikel ausschließlich dem Kopulieren widmen. Um dieses durchzuführen, sollte man dafür sorgen, dass beide Pflanzen – also sowohl die Spenderpflanze, der das Pfropfreis entnommen wird, als auch die Pflanze, die den Wurzelstock bereitstellt – mindestens eine Stunde vor der Aktion ordentlich gewässert wurden. Dann sollte man sein Werkzeug bereitlegen. Ich persönlich bereite meine neue Rasierklinge dann vor, indem ich sie ein paar Mal durch ein bisschen übriggebliebenes Cannabispflanzenmaterial fahren lasse. So säubere ich sie weitaus besser als mit einer fremden Substanz. Auch sollte man vorbereitete, also vorgeschnittene Teile des PTFE-Bands zur Seite legen. Wenn man das Kopulieren nutzt, ist Schnelligkeit äußerst wichtig, denn je kürzer die frischen Schnittstellen der Luft ausgesetzt werden, desto besser. Für die Schnittstellen selbst nutze ich den geraden Teil des Zweigs (Internodium) zwischen zwei Knoten (Nodi).

Vorbereitetes Pfropfreis

Das aufzusteckende Pfropfreis wird vorbereitet, indem es komplett von allen Blättern befreit wird – nur auf der Spitze wird etwas Blattwerk stehen gelassen. Diese Blätter werden beschnitten, als ob ein Steckling vorbereitet werden würde. Der eigentliche Schnitt an sich sollte möglichst schräg verlaufen, um dem Gegenstück möglichst viel Auflagefläche zu bieten. Der Spender, das Pfropfreis, wird als erstes fertig gemacht und dann solange in das Glas Wasser gestellt, während der Wurzelstock vorbereitet wird. Der Wurzelstock an der ganzen Pflanze wird auf dieselbe Weise behandelt – dabei sollte darauf geachtet werden, dass die beiden Schnittstellen von Wurzelstock und Pfropfreis möglichst den gleichen Schnittwinkel und die gleiche Länge des Schnitts aufweisen, damit sie so genau wie möglich zusammenpassen.

Sobald dies erledigt wurde, sollten Pfropfreis und Wurzelstock zusammengelegt werden, wobei vor allem auf die inneren Gewebeschichten der Pflanzen geachtet werden sollte. Sobald man die beste Position ermittelt hat, kann man die Stelle einmal kräftig zusammendrücken. Dies sollte dabei helfen, dass an den Schnittstellen etwas Wasser austritt, was wiederum die Verbindung unterstützt. Sogleich sollte die Verbindungsstelle fest mit dem PTFE-Band verbunden werden. Um dies zu tun, muss die Verbindung zunächst so gut wie mit einem Streifen Band möglich gesichert werden. Darüber kommt ein weiteres Band, das längs über die Verbindung gewickelt wird. Anschließend kann die Stelle in Zickzack-Linien weiter umwickelt werden, die durch Über- und Untereinanderführen miteinander verwoben werden, sodass man ein sehr festes Konstrukt, das Licht und Luft abhält, erhält.

Die Pfropfstelle umwickele ich dann noch einmal spiralförmig mit einem Stück Gartendraht (mit Plastikverkleidung). Dies unterstützt nochmals das Zusammenwachsen, da die Stelle so gegen den Draht wächst und nochmals zusammengedrückt wird. (Wenn man nach einigen Tagen sicher ist, dass das Pfropfen erfolgreich war, müssen der Draht und das PTFE-Band wieder vorsichtig entfernt werden.) Ist all dies geschehen, also die Pfropfstelle verbunden und mit dem Draht umwickelt, wird ein wenig Wasser in einen der verschließbaren Plastikbeutel gesprenkelt und der Beutel dann komplett über den aufgepfropften Pfropfreis gestülpt, sodass es von der Feuchtigkeit profitieren kann. Der Beutel wird dazu fast vollständig verschlossen, nur ein kleiner Spalt zum Atmen bleibt geöffnet. Nach dem Pfropfen sollte die Beleuchtung dann vorläufig 24 Stunden täglich durchlaufen, bis wieder neue Triebe am Pfropfreis wachsen. Würde das Licht vorher ausgeschaltet werden, würde der Pfropfreis welken und absterben. Alle sonstigen Werte wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit können unverändert bleiben.

Es sollte beim Pfropfen in Betracht gezogen werden, dass der Prozess des Zusammenwachsens zweier unterschiedlicher Pflanzen Zeit in Anspruch nimmt, sodass bei einem Fehlschlag durchaus einige Zeit zwischen zwei Versuchen vergeht. Das kann zu Problemen führen und bedeutet, dass das Pfropfen auf jüngere und kleinere Pflanzen zu bevorzugen ist. Ich habe bereits erfolgreich verschiedenste Strains auf einzelne jüngere Mutterpflanzen gesetzt, welche die verschiedenen Genetiken an ihren Zweigen gut getragen haben. Der Prozess des Pfropfens, bis das Pfropfreis vollständig angenommen wurde, kann sich bis zu zwei Wochen in die Länge ziehen. Mir persönlich ist diese Zeitspanne jedoch viel zu lang, um alles ruhig zu beobachten und dann am Ende dennoch eventuell zu scheitern. Also achte ich besonders darauf, ob das Pfropfreis zu welken beginnt. Wenn der Pfropf-Bereich umgehend zu welken beginnt oder sich bis zum dritten Tag noch nicht erholt hat und wieder fit aussieht, dann gehe ich auch nicht mehr von einem Erfolg aus und entferne das Pfropfreis. Der gleiche Zweig des Wurzelstocks kann nun ein Stück zurückgeschnitten und ein neuer Versuch gewagt werden.

Meine erste Versuchs-Mutterpflanze: 14 Strains in einem Topf

Im Zusammenhang mit Cannabis ist das Pfropfen sicherlich besonders gut für den Zweck geeignet, eine einzelne Mutterpflanze zu züchten, von der dann Klone verschiedenster Sorten geschnitten werden können. Auch könnte man diese Technik dazu nutzen, um Samen verschiedenster Kreuzungen massenhaft auf kleinem Raum zu produzieren, ganz einfach durch das Bestäuben aller Strains an der einen Mutterpflanze – auch wenn dies vermutlich zu einigen Problemen hinsichtlich der unterschiedlichen Nährstoffanforderungen der ganzen verschiedenen Sorten führt.

Ich habe mit dem Pfropfen jedenfalls viele gute Erfolge erzielen können und glaube aufrichtig daran, dass die hier von mir vorgestellte Technik auch für alle Heimgärtner sehr effizient sein kann. Offensichtlich unterliegt das Pfropfen von Cannabis jedoch einigen Variablen, daher ist nicht jeder Versuch von Erfolg gekrönt. Allerdings können mit gewisser Übung durchaus Erfolgsraten von 80 Prozent erreicht werden. Ich kann daher nur jedem Cannabisgrower empfehlen, das Pfropfen einmal auszuprobieren, da es eine lohnende und interessante Fähigkeit ist, die man in sein Repertoire aufnehmen kann.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in Highway 04/2017

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