Cannabis bewässern – Wasser rein und fertig?

Hanfblatt mit Wassertropfen
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Cannabis bewässern – klingt eigentlich wie ein einfaches Thema: Wasser rein und fertig? Nicht ganz! Um am Ende eine gesunde und kräftige Cannabispflanze großgezogen zu haben, muss ein Grower bei der Bewässerung einige Dinge beachten. In diesem Artikel liefert Grow-Experte Junior Gong daher einige Tipps zum Bewässern bei einem Grow auf Erde und auf Cocos.

Wasser ist quasi das Transportmedium für Nährstoffe und Mineralien, die die Pflanze für ihr Wachstum braucht. Über den Vorgang der Osmose wird Wasser samt der darin gelösten Nährstoffe aus dem Growmedium angesaugt und durch die Pflanze transportiert. Die Nährstoffe werden in den Zellen verarbeitet und anschließend verdunstet das Wasser über die Spaltöffnungen der Blätter.  

Ein typischer Anfängerfehler ist es, der Pflanze zu viel oder zu wenig Wasser zu geben. Gerade wenn man nie wirklich mit Zimmerpflanzen zu tun hatte und zum ersten Mal growt, fehlt einem die Erfahrung beim Gießen. Bekommt die Pflanze nicht genug Wasser, kann sie nicht ausreichend Nährstoffe aufnehmen. Es bilden sich dadurch Nährstoffmängel. Die Cannabispflanze benötigt außerdem für die chemischen Vorgänge (etwa die Photosynthese) ausreichend Wasser in den Zellen. Wird zu wenig gegossen, wird der gesamte Stoffwechsel gebremst und das Wachstum stark gehemmt. Die Pflanze droht von innen auszutrocknen. Zu viel Wasser ist aber genauso schädlich.  Ist der Boden zu sehr durchwässert, kann Wurzelfäule entstehen, die gerade von Anfängern meist nicht erkannt wird. Zudem steigt die Schimmelgefahr immens, da sich Pilze in feuchten Umgebungen ohne viel Bewegung rasend schnell ausbreiten können. Hinzu kommt, dass die Wurzeln bei zu viel Feuchtigkeit nicht genug Sauerstoff bekommen und absterben können.

Damit die Cannabispflanze prächtig wachsen und gedeihen kann, muss also bei der Bewässerung ein gesundes Mittelmaß gefunden werden. Auch bedacht werden muss, dass die Zusammensetzung des Wassers auch eine wichtige Rolle spielt. Im Idealfall hat Gießwasser für Cannabis einen neutralen pH-Wert von circa 7, einen EC-Wert von 0,2 bis 0,4 und eine Zimmertemperatur von 22 bis 24 °C. Damit kann es den pH-Wert des Bodens nicht kaputt machen und die Pflanze nicht übersalzen. Gleichzeitig ist es damit perfekt geeignet, um Dünger anzumischen.

Es wäre zu schön, wenn man ganz unkompliziert das Wasser aus dem Hahn nehmen und damit die Cannabispflanze gießen könnte. Leider ist es aber nicht ganz so einfach. Leitungswasser enthält Kleinstmengen an Salzen, Mineralien und Chemikalien, die zwar für den menschlichen Organismus keine Gefahr darstellen, aber der Cannabispflanze schaden können. Das größte Problem ist der Kalk im Wasser, der das Substrat versalzen kann. Zu viel Salz kann die Wasseraufnahme der Pflanze bremsen. Ab einer bestimmten Salz-Konzentration droht die Umkehrosmose und der Boden beginnt, Wasser aus der Pflanze zu saugen. Ohne Gegenmaßnahmen trocknet die Pflanze rasant aus und stirbt einen schnellen Tod. Je nach Gegend kann der Kalkgehalt im Leitungswasser sehr hoch sein. Kalk ist nichts anderes als ein Salz und muss herausgefiltert werden. Bei hartem, also sehr kalkhaltigem Leitungswasser macht es Sinn, etwa fünfzig Euro in ein EC-Meter zu investieren, um den Salzgehalt des Leitungswassers im Blick zu behalten. Ist der EC-Wert des Leitungswassers nur leicht erhöht, ist eine Filterkanne von der Firma Brita die einfachste Lösung. Diese kann den EC-Wert um 0,15 bis 0,3 senken. Bei EC-Werten über 0,7 kann nur eine Umkehrosmose-Anlage dabei helfen, die Salze aus dem Leitungswasser zu filtern.

Im Gegensatz zu Leitungswasser ist Regenwasser schon etwas besser zum Gießen geeignet, da es nahezu keine Salze enthält. Doch es enthält auch nahezu keine Mineralien. Problematisch wird dies beim Anmischen von Dünger, da die Dünger-Lösungen vom Salz- und Mineraliengehalt her auf Leitungswasser abgestimmt sind. Beim Gießen mit reinem Regenwasser entstehen deshalb oft Calcium- oder Magnesiummängel in der Pflanze. Eine häufige Lösung ist das Mischen von Leitungs- und Regenwasser, sodass man am Ende einen EC-Wert von 0,2 bis 0,4 herausbekommt. So erhält die Pflanze genug Mineralien und der Boden kann auch nicht versalzen. Wichtig dabei ist es, kaltes Wasser aus dem Hahn zu nehmen, da warmes Wasser in der Heizanlage mehr Mineralien aufnehmen und den EC-Wert dadurch erhöhen kann. Zusätzlich sollte das Leitungswasser vor dem Mischen und der Messung über Nacht in offenen Eimern „lüften“, sodass sich die unerwünschten Chloride verflüchtigen können. Die Eimer dürfen nicht aus Metall sein, da sonst Mineralien aus dem Metall in das Wasser diffundieren können.

Hat man nun die Versorgung mit passendem Gießwasser sichergestellt, stellt sich die Frage, wie man die passende Gießmenge feststellt. Es liegt auf der Hand, dass junge Sämlinge weitaus weniger Wasser brauchen als schon ausgewachsene Pflanzen. Zum Glück gibt es ein paar praktische und unkomplizierte Tricks, um die passende Menge an Wasser zu finden. Und sowieso gilt immer, die Pflanze aufmerksam zu beobachten, wie sie auf die Gießmenge reagiert.

Grundsätzlich ist ein Wassermangel einfacher zu beheben als eine Überwässerung. Im Zweifelsfall sollte man daher lieber etwas zu wenig gießen als zu viel. Einen Wassermangel erkennt man an zu trockener Erde und herunterhängenden Blättern an der gesamten Pflanze. Hier hilft es, den Topf einmal anzuheben und zu überprüfen, ob er sich verdächtig leicht anfühlt. Die Lösung für einen Wassermangel ist einleuchtend: mehr gießen – allerdings bitte sehr, sehr langsam! Denn die vertrocknete Erde bildet einen Spalt am Topfrand, an dem das Wasser bei zu schnellem Gießen einfach zum Boden ablaufen würde. Sollte die Erde sehr stark ausgetrocknet sein, hilft es, etwa einen Zentimeter der obersten Erdschicht vorsichtig mit einer Gabel aufzulockern.

Eine Überwässerung kann gerade bei Keimlingen und jungen Pflanzen verheerende Folgen haben. Die Symptome an der Pflanze sind die gleichen wie bei einem Wassermangel – die Blätter hängen an der gesamten Pflanze nach unten. Im späteren Verlauf bilden sich gelbe Flecken an der Blattoberfläche. Die Erde ist total durchnässt und es bildet sich eventuell Schimmel an der Erdoberfläche. Die Lösung für eine Überwässerung ist ein sofortiger Wasserstopp. Als Präventivmaßnahme kann man vor dem Grow für bessere Drainage sorgen, indem genug Löcher an der Topfunterseite angebracht werden. So kann das Wasser besser ablaufen. Zusätzlich kann man vor dem Befüllen mit Erde eine etwa drei Zentimeter hohe Schicht aus Blähton-Granulat im Topf anlegen und so die Drainage-Wirkung nochmals erhöhen.

Was die Gieß-Häufigkeit angeht, mögen alle Pflanzen lieber häufiger kleinere Portionen anstatt große Portionen in dafür auch größeren Zeitabständen. So kann man beispielsweise ein- bis zweimal täglich in kleinen Portionen gießen, dadurch eine Überwässerung vermeiden und gleichzeitig die Erde vor dem Austrocknen bewahren. Das Gießen beim Indoor-Growing findet optimalerweise kurz vor dem Start der Lichtphase statt. Mit der Beleuchtung startet auch die Photosynthese und die Pflanze kann mehr Wasser über die Spaltöffnungen aufnehmen, da sie darüber auch das notwendige CO2 aufnimmt.

Die einfachste Gieß-Methode ist, alle zwei bis drei Tage (bei jungen Pflanzen täglich) die oberste Erdschicht zu prüfen. Sobald ungefähr drei Zentimeter der Erde trocken sind, muss nachgegossen werden. Beim Gießen muss darauf geachtet werden, die Erde langsam und gleichmäßig zu durchtränken und die Ränder des Topfs nicht zu vernachlässigen. Bei schlechter Drainage kann man zunächst mit der Hälfte der Gießmenge anfangen und nach fünf bis zehn Minuten Pause die restliche Hälfte dazugeben. Sobald unten am Topf Wasser abläuft, hat man genug gegossen. Das Wasser in den Topfuntersetzern wird später von den Wurzeln abgesaugt. Es hilft zusätzlich, bei jedem Gießen den Topf anzuheben und das Gewicht zu überprüfen, um ein Gefühl für die optimale Menge an Wasser zu bekommen. Erst wenn sich das Gewicht um mindestens die Hälfte reduziert hat, kann man wieder gießen. Das Topfgewicht als Maß braucht zwar etwas Feingefühl, es ist aber dafür ein äußerst zuverlässiger Weg, um den Wasserbedarf zu bestimmen.

Wie viel Wasser am Ende verbraucht wird, hängt von dem Grow-Setup und den Umständen ab. Nach dem Umtopfen geht der Wasserverbrauch beispielsweise häufig runter, da sich die Pflanze erst einmal von dem Stress erholen muss. Bei leistungsstarken NDL-/MHL-Setups verdunstet beispielsweise relativ viel Wasser, sodass häufiger nachgegossen werden muss als bei einem ähnlichen LED-Setup.

Bei einem Grow in einem anderen Growmedium als Erde muss das Gießverhalten oft angepasst werden. Alle Growmedien haben unterschiedliche Eigenschaften, wenn es um die Aufnahme von Wasser geht. Cocos-Substrat kann Wasser extrem gut aufnehmen und überschüssiges Wasser auch sehr schnell wieder abgeben. Denn durch die fluffige Konsistenz können Cannabispflanzen Wasser in Cocos schneller resorbieren als etwa in Erde. Deshalb muss bei einem Grow auf Cocos mindestens einmal täglich nachgegossen werden – in manchen Fällen sogar zwei- bis dreimal pro Tag. Da Cocos-Substrat keine Mikroorganismen enthält, muss es bei jedem Gießen auch gedüngt werden, um den Nährstoffhaushalt sowie die pH- und EC-Werte stabil zu halten. Bei jedem Gieß- und somit Düngvorgang auf Cocos sollten etwa 15 bis 20 Prozent der Gießmenge als Drainage abfließen. Sprich für jeden Liter Gießwasser sollten unten am Topf etwa 150 bis 200 Milliliter Wasser abfließen. Deshalb sollte man bei einem Cocos-Grow unbedingt für ausreichende Drainage sorgen.

Da Wasser für die Cannabispflanze (so wie auch für jede andere Pflanze) essentiell ist, können die in diesem Artikel genannten Grundlagen mit dem kleinen Einmaleins gleichgesetzt werden. Wer schon beim Gießen nicht auf die bestmögliche Art und Weise achtgibt, wird auch mit dem besten Zubehör und teuren Zusätzen keine großen Grow-Erfolge feiern können.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in Highway 02/2017

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