Contra
Tausende von Cannabissamen-Sendungen nach Deutschland wurden 2021 vom deutschen Zoll beschlagnahmt (siehe hier), beinahe Hunderttausend Cannabispflanzen werden nun niemals das Licht der Welt erblicken. So wie es aussieht wohl vor allem Einzelgänger-Pflanzen, die in kleinen Zelten um die Quadratmetergröße herum angebaut worden wären. Oh Schreck, oh weh! Da ist dem deutschen Staat aber mal ein Kunststück gelungen, nachdem seit mindestens 20 Jahren Cannabissamen nach Deutschland geschickt werden.
Gut, man kann es als lächerlich empfinden, wenn lediglich 5.800 solcher Sendungen vom Zoll als großer Erfolg gefeiert werden (mal davon abgesehen, dass gewerbliche Schwarmarkt-Grower doch in aller Regel auf Stecklinge zurückgreifen, mit der Aktion also maximal wieder ein paar Eigenversorger zurück auf eben diesen Schwarzmarkt gedrängt werden), aber für die 5.800 Empfänger ist das natürlich erst einmal ein Schock. Die deutschen Mühlen mahlen zwar langsam, was einerseits gut ist, da somit das Zelt in aller Ruhe abgebaut werden kann, sollten Liefer- und Grow-Adresse dieselbe sein, aber schlecht, da nun vermutlich monatelang Ungewissheit herrscht: kommen die überhaupt gucken? Gibt es eine Anzeige? Falls ja, ist das schlimm?
Und aus diesem Grund sage ich – und das schon seit vielen Jahren: „Freunde, seid ihr denn wahnsinnig? Ihr könnt doch keine Samen im Internet bestellen!“ Es steht doch eure Adresse vorne drauf! Und selbst, wenn es die Adresse von Tante Gerda ist, die weltoffen und tolerant zugesagt hat, eure Samen in Empfang zu nehmen… was ist denn, falls doch mal die Polizei zur Hausdurchsuchung kommt und das Porzellan zerdeppert? Da wird es mit einem Blumenstrauß für Tante Gerda aber nicht getan sein! Meiner Meinung nach ist es deutlich weniger riskant, sich im Holland-Urlaub einmal mit Samen für ein paar Jahre einzudecken und diese an geeigneter Stelle zu verstecken – oder, falls man eh immer dieselbe Sorte anbaut, ein Mutterzelt aufzustellen und die Sache vollständig in die eigene Hand zu nehmen.
Pro
Mir doch egal! So sehe ich das. Und warum? Ich kenne einfach Hunderte Personen, die, ohne jemals irgendwie Probleme bekommen zu haben, im Internet Cannabissamen bestellt haben. Klar, man sollte nicht an die Adresse liefern lassen, wo man dann auch anbauen möchte, nur für den Fall der Fälle (oder für Paranoide auch einfach, um besser schlafen zu können), aber deswegen überhaupt nicht im Internet bestellen? Die Leute bestellen ja auch zu Zehntausenden Weed im Darknet, das funktioniert ja offenbar auch prächtig. Wieso dann bitte nicht Samen bestellen – die sind in den Absender-Ländern nicht mal illegal und sind auch für beispielsweise Drogenhunde überhaupt nicht zu ermitteln. Und der Tipp, mal eben nach Holland zu fahren… das wird man wohl nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, wenn man in Berlin oder München wohnt und bloß ein paar Samen für den Eigengebrauch erwerben möchte.
Wer garantiert denn außerdem, dass die Chance, im Auto oder Zug damit erwischt zu werden, nicht höher als bei der Bestellung per Post ist? Oder lieber andersrum formuliert: wer garantiert mir denn, dass die Chance, bei einer Bestellung per Post erwischt zu werden, nicht noch niedriger als bei einer persönlichen Beschaffungsfahrt ist? Außerdem hat man dann ja selbst noch Cannabissamen über die Grenze gebracht, wie sieht es denn da mit den Strafen überhaupt aus? Wird die Einfuhr nicht noch höher bestraft? Und wie ist die Chance eigentlich im Verhältnis dazu, mit dem Flugzeug abzustürzen? In den Urlaub fliegt doch auch jeder.
Nein, nein, nein, wir haben das Jahr 2022. Ich will im Internet bestellen können, was auch immer ich will. Cannabis wird hoffentlich in ein paar Jahren auf der ganzen Welt erlaubt sein. In meiner Welt ist es das schon jetzt. Ich mach mir ja auch keine Sorgen, wenn ich einen Joint auf der Straße rauche. Sollte ich also als einer von Millionen Menschen auf der Welt mal irgendwann drei Samen im Internet bestellen wollen, dann gehe ich einfach davon aus, dass das schon gut gehen wird.
